Mai 29, 2016

Die Mücken des Mývatn im Nordosten Islands


Berühmt berüchtigt ist der einzigartige See Mývatn im Nordosten Islands besonders durch sein massenhaftes Vorkommen an Mücken in den Sommermonaten denen der See auch seinen Namen verdankt. So gibt es Tage, an denen schwarze Säulen über der Wasseroberfläche emporsteigen oder einem die Sicht durch schwarze Nebel genommen wird. Nicht selten wird die Feuerwehr gerufen, da die Schwärme mit Rauchschwanden verwechselt werden.

Mücke ist aber nicht gleich Mücke. Generell muss man hier zwischen der harmlosen, nicht stechenden Zuckmücke, von der es im Mývatn rund 40 Arten gibt, und der Kriebelmücke, die eher an eine kleine, schwarze Fliege erinnert, unterscheiden. Die Zuckmücken sind es, die im Sommer in zwei Perioden von je etwa zwei Wochen die schwarzen Säulen bilden, weshalb sie auch Rykmý,  “Staubmücke”, genannt werden. In diesen Schwarmformationen halten die Mücken nach einem geeigneten Partner Ausschau. Eine andere Art der Zuckmücke ist für schleierartige Schwarmbildung verantwortlich. 

Einen Eindruck von einem Zuckmückenschwarm gibt das folgende Video eines isländischen Ehepaares, welches sich mit einem Motorboot auf dem See befindet:

Die Larven der Zuckmücken leben auf dem Grund des Sees in Röhren oder an Wasserpflanzen und ernähren sich von den Kieselalgen sowie abgestorbenen Lebewesen. Schätzungsweise 200.000 Larven findet man pro Quadratmeter auf dem Boden des Mývatn. Für das Ökosystem des Sees spielen die Mückenlarven als grundlegendes Glied der Nahrungskette eine wichtige Rolle. Fische, wie Forellen und Stichlinge sowie zahlreiche Entenarten verdanken ihr Dasein diesen Kleinstlebewesen. Wieviele Mücken es gibt, ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Man hat periodische Schwankungen festgestellt bzw. einen zyklischen Verlauf, der sich alle 5 bis 7 Jahre wiederholt. In manchen Jahren findet man fast gar keine Mücken während sie in anderen massenhaft vorkommen. Einer Studie zufolge sind die Mücken-Zyklen von feinsten Änderungen in der Hydrologie des Gewässers abhängig. Durch den Einfluss des Menschen sind die Schwankungen aber in den letzten 40 Jahren größer geworden, so groß, dass einst die seit 1000 Jahren am Mývatn betriebene Fischerei zusammenbrach, da den Fischen schlichtweg die Nahrung ausging.

Andere, für uns am eigenen Leib spürbare Mücken sind die Kriebelmücken (Simuliidae), die von den Isländern Bitmý, also “Beissmücken” genannt werden. Hier saugen nur die eierlegenden Weibchen Blut. Im Unterschied zu den „Stichsaugern“ nutzen die Kriebelmücken ihre Mandibeln um eine Wunde herbeizufügen aus der sie das Blut saugen. Die Mücken erinnern eher an kleine, kompakte Fliegen und sind somit gut von den doch sehr “mückenhaften” Zuckmücken zu unterscheiden. Im Unterschied zu den Zuckmücken benötigen die Larven der Kriebelmücken Fließgewässer wie den Fluss Laxá. Die Steine auf dem Grund haben dort oft eine dicke Mückenlarvenschicht. Die Larven sind an den Steinen mit dem Hinterende befestigt, damit sie nicht mit der Strömung abtreiben. Mit einem Haarfächer am Kopf filtert die Larve Algen aus dem Wasser, was ihr als Nahrung dient. Die ersten erwachsenen Kriebelmücken fliegen Anfang Juni was bis Mitte des Sommers anhält. Anschließend gibt es eine Pause, während die zweite Generation im Fluss heranwächst.

Ob diese Mücken zur Plage werden hängt stark vom Wetter ab. Besonders bei milden und windstillem Wetter können einem Hunderte auf einmal um den Kopf schwirren und somit schon eine Belästigung sein. Die Kriebelmücken suchen permanent die Nasenhöhlen, den Mund und die Augen auf, weshalb man sich ein engmaschiges Moskitonetz für den Kopf besorgen sollte. An der Tankstelle im Ort Reykjahlíð am Nordufer des Sees kann man verschiedene Ausführungen dieser Netze kaufen.

Text: Anne Steinbrenner

Photo: mbl.is/Ó​mar Óskars­son